Dienstag, 6. November 2012

Therapiebericht 2012



Fast genau ein Jahr nach Johanna´s erster Delfintherapie brachen wir Ostern 2012 erneut nach Curacao auf. Die Eindrücke vom letzten Jahr hatten uns sehr bewegt und Johanna strahlte auch nach Monaten immer noch so wach und freudig, wenn sie ihr Gee-Gee Bild anschaute, dass wir uns – auch ohne zu wissen, ob wir die Therapiekosten wohl zusammen bekommen würden – ein zweites Mal für die Therapie angemeldet haben.
Die Erfahrungen vom letzten Jahr ließen uns ein paar Änderungen vornehmen: Wir fuhren diesmal mit ‚Verstärkung‘ (Johanna´s Patenonkel und seine Freundin – als Flug-Selbstzahler– nahmen wir mit, damit Mama und Papa auch mal eine kleine Auszeit haben könnten). Außerdem war die Reise einen Tag länger. Das frühe Aufstehen, die Fahrt nach Amsterdam und das Warten am Flughafen hatten Johannas Kreislauf beim letzen Mal ganz schön zugesetzt. Um die weite Anreise etwas entspannter zu gestalten, fuhren wir in diesem Jahr an Karfreitag erst einmal bis ins Airport Hotel nach Amsterdam.
Dadurch, dass der Weg zum Flughafen schon geschafft war, konnten wir am nächsten Morgen fast wie gewohnt ‚ausschlafen‘ (Johanna weckt uns IMMER gegen 6). Wir waren dann so früh eingecheckt, dass wir noch Zeit hatten uns ein ‚Wohlfühl‘-Frühstück zu gönnen. Wir gaben acht, dass wir wieder fast die letzten beim Boarding waren (auch wenn Passagiere mit Kindern oder mit Behindertenausweis ja extra zuerst boarden dürfen) – Johanna fällt Warten sehr schwer und wir würden ja noch lange genug sitzen müssen.
Wir hatten einen angenehmen, ruhigen Flug. Johanna konnte gut abschalten und ‚vorschlafen‘ – durch die Zeitverschiebung würde es ja ein langer Tag werden (Curacao ist 5 Stunden zurück). Am Ende musste sie leider doch wieder brechen, hat aber danach weitergeschlafen und diesmal auch eine gesunde Gesichtsfarbe behalten, so dass wir uns nicht solche Sorgen machen mussten.
Als wir nach der Landung auf Curacao hinaus in 30° traten und sagten, wir seien nun auf Curacao, guckte uns Johanna wieder staunend, freudig und doch ein wenig ungläubig an - als wolle sie sich bloß nicht zu früh freuen – aus Angst, sie könne etwas falsch verstanden haben oder jeden Moment aus dem schönen Traum erwachen (so hatte sie auch schon geschaut, als wir losfuhren und ankündigten wir würden uns nun auf den Weg nach Curacao machen und als wir den Einstieg ins Flugzeug kommentierten). Pauline hingegen nagelte uns schon mal fest, dass sie am gleichen Tag auf jeden Fall noch in den Pool dürfe ;)
In den Dolphin Suites angekommen brachten wir nur schnell unser Gepäck aufs Zimmer und machten uns auf den Weg zum Therapiecenter. Bei jedem Schritt stieg Johanna´s Vorfreude weiter an! Wir gingen die Delfine besuchen, an den Strand und – na klar, Pauline hatte das ja so ausgehandelt– in den Pool.
Etwa um Viertel vor Sieben ging dann die Sonne unter und alle legten sich „früh“ schlafen.
Ostersonntag begannen wir mit einem Frühstück am Strand und machten das erste Gruppenfoto – für den email-Ostergruß an die Großeltern. Der Osterhase hatte doch tatsächlich ein paar Kleinigkeiten für Johanna und Pauline bis nach Curacao gebracht und an der Rezeption hatte er ein paar Schokoeier für die Kinder abgegeben.
Nach 1 1/2 Tagen kurzer Eingewöhnung ging es an Ostermontag dann so richtig los! Zunächst gab es eine Einführungsveranstaltung/Begrüßung im CDTC und am frühen Nachmittag dann endlich das Wiedersehen mit Astrid – Johanna´s Therapeutin vom letzten Jahr! Johanna strahlte und konnte nun endlich glauben, dass sie nicht fantasierte, sondern dass sie wirklich und wahrhaftig mit den Delfinen schwimmen würde J! Überglücklich und ohne zu zögern ging Johanna mit ‚ihrer‘ Astrid mit und war sofort ‚angekommen‘.
Johanna strahlt Astrid nicht nur zur Begrüßung an und erkennt sie ganz klar wieder – sie kann auch an die Therapie vom letzten Jahr anknüpfen. Johanna wählt aus, was Dee-Dee spielen soll – nicht immer ist klar, ob Johanna gezielt auswählt. Ob Dee-Dee mit dem Ball oder mit was anderem spielt, ist aber doch auch wirklich egal ;) Bei den ‚richtig wichtigen Fragen‘ (möchtest du weiter mit Dee-Dee schwimmen?) wählt Johanna ganz sicher und bewusst die „Ja“ Karte! Das „Surfbrett“ und Dee-Dee singen lassen oder mit ihr tanzen, mag Johanna auch sehr.
In diesem Jahr ist es für Johanna möglich, dass die konkreten Fotokarten durch abstraktere Symbolkarten ergänzt werden – so kommen auch die „Ja“ und „Nein“ Karte neu hinzu.
Beim letzten Mal hatte Johanna (fast) nur Augen für ‚ihren‘ Delfin. In diesem Jahr ist Johanna in der Lage beim Spielen mit dem Delfin auch mit der Therapeutin in Kontakt zu sein, sich rück zu versichern und ihren Blicken zu folgen.
Johanna nimmt zwanghaft immer wieder die Hände in den Mund und behindert sich dadurch selbst - sie kann die Hände ja nicht gleichzeitig im Mund haben und anderweitig sinnvoll nutzen... Astrid hat die Idee, es doch mal mit einem „Kauschlauch“ zu versuchen, den wir Johanna als Kette umhängen. Johanna nimmt den Kauschlauch sehr gut an, kaut darauf herum und kann üben, ihre Hände zielgerichtet einzusetzen. Hier in Deutschland werden wir immer wieder gefragt, wer denn auf diese überzeugende Idee gekommen sei. „Dafür mussten wir erst nach Curacao fliegen.“
In diesem Jahr durften wir auf Curacao auch die Brucker Feedback Methode kennenlernen. Johanna war ganz wach und interessiert und hat gemerkt, dass sie mit Bewegungen des Fußes einen Ton und einen Strich auf dem Monitor beeinflussen konnte. Johanna ist allerdings ein quirliges kleines Mädchen, das noch 1000 andere Bewegungen macht... Johanna und das Verfahren können sich erst mal noch etwas weiterentwickeln ;) – vielleicht ist es etwas für später. Ein netter Nebeneffekt der Probesitzung war, dass Johanna den Therapeuten sehr nett fand, einen guten ‚Draht‘ zu ihm hatte und wir nun hoffen, dass er ihr nächster Therapeut sein wird. Johanna´s bisherige Therapeutin Astrid hatte nach Johanna nur noch einen Therapiezyklus/ein Kind in der Therapie und ist jetzt wieder in Amsterdam als Therapeutin tätig. Wir wollen uns vor unserem Flug 2013 nach Möglichkeit kurz am Amsterdamer Flughafen treffen.
Johanna ist nach der Therapie 2012 wieder ein ganzes Stück sicherer im Wasser. Sie ‚schwimmt‘ mit Schwimmscheiben und nimmt dabei nun auch Hände und Arme zu Hilfe.
Sie ist ‚wacher‘, sucht und hält intensiver direkten Blickkontakt. Johanna kann an Kommunikation mehrerer Personen untereinander teilhaben.
Johanna geht nun in die erste Klasse. Wir haben im letzten Jahr (vor der Therapie) gedacht, dass wir schulbedingt eine Therapiepause machen werden.
Auf dem Zuschauersteg für die Angehörigen geben sich Mama und Papa das Versprechen für und mit Johanna und Pauline wieder zukommen. Beide Kinder wachsen hier über sich hinaus und können das auch mitnehmen! Wir alle tanken  Sonne, Kraft, Gelassenheit und  Wärme, fühlen uns wohl, können entspannen und merken, wie glücklich wir sein können/sind! Das manchmal schwierige Leben mit einem behinderten Kind ist so einfach! Und so schön!
Manch einer fragt sich vielleicht “lohnt sich Delfintherapie?“. So wie manche auch sagen „ich könnte das nicht“ (ein behindertes Kind haben? lieben?). Wir lieben Johanna, wussten vorher auch nicht, ob wir „das können“. Delfintherapie hilft uns als Familie „es zu können“. Pauline, Mama und Papa und allen voran Johanna profitieren enorm von den zwei Wochen Intensivtherapie. Johanna so glücklich erleben zu können und zu sehen, wie sie kleine (oder auch nur kleinste) Fortschritte macht - neben Pauline, die jedes Mal aufblüht, den Pool unsicher macht und so stolz auf ihre Schwester ist und auf das, was sie selbst im Kids Club alles tun darf (Delfintrainertag; Seegurken, See-Äpfel und Schnecken anfassen; Mama und Papa das See Aquarium erklären) – machen die Delfintherapie für uns sinnvoll und wichtig!
Manchmal haben wir fast ein schlechtes Gewissen, die Zeit auf Curacao so zu genießen und nun ein drittes Mal fliegen zu wollen – aber hier tanken wir alle auf.
Wir sind froh, dass es liebe Menschen gibt, die uns helfen Johanna diesen ‚Therapieluxus‘ zu ermöglichen. Denn sie hat ihn verdient. Sie ist eine süße Maus, die fast all ihre Gedanken für sich behalten muss und immer auf unsere Hilfe angewiesen sein wird.
Johanna ist ein ausgeglichenes, glückliches, freundliches Mädchen und wir wünschen uns und arbeiten daran, dass dies auch so bleibt und dass sie sich verstanden fühlt.

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